Einsatz von Radar Warn-Apps in der Schweiz
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Mitarbeiter X nutzt bei seinen Dienstfahrten eine Radar Warn-App auf seinem Handy. Anlässlich einer Polizeikontrolle stellt die Polizei die Nutzung der App fest und beschlagnahmt sein Smartphone. Mitarbeiter X fragt sich nun, welche Strafe ihm droht und ob er Chancen hat, sich im Strafverfahren rechtlich zur Wehr zu setzen.
Text: Philipp Brunner
Gesetzliche Verschärfungen: Der Gesetzgeber geht in den letzten Jahrzenten mit zunehmend schärferen gesetzlichen Verboten gegen Publikumswarnungen vor Radargeräten und Polizeikontrollen vor. War ab 1991 zunächst nur der Einsatz von technischen Warngeräten verboten, kam im Jahr 2008 ein Verbot für eidgenössisch konzessionierte Programmveranstalter (v.a. Radiosender) hinzu, die allseits gut bekannten "Blitzer-Meldungen" zu verbreiten.
Die technischen Entwicklungen im Zusammenhang mit Smartphones, GPS-Geräten und Social-Media haben dem Publikum jedoch rasch neue Mittel und Wege eröffnet, um die geltenden gesetzlichen Verbote legal zu umgehen. Dieser technischen Entwicklung begegnete der Gesetzgeber ab 2013 mit Einführung der Via Sicura durch ein neues und nun umfassendes Verbot von öffentlichen Warnmeldungen.
Seit dem 1. Januar 2013 ist gemäss Art. 98a SVG jede denkbare Form öffentlicher Warnmeldungen vor Geschwindigkeits- oder allgemeinen polizeilichen Kontrollen verboten. Ebenso sind Einfuhr, Verkauf, Einbau sowie Nutzung von technischen Geräten verboten, welche die behördliche Kontrolle des Strassenverkehrs erschweren, stören oder unwirksam machen.
Verbot von technischen Geräten: Auf technischer Seite sind damit einerseits GPS-Geräte mit verzeichneten Radarstandorten sowie Radar- oder Laserstörsender verboten (Art. 98a Abs. 1 SVG). Da bereits die Einfuhr unter Strafe gestellt ist, werden diese Geräte oftmals bereits bei der Zollkontrolle erkannt und beschlagahmt, mit strafrechtlichen Konsequenzen für den Besteller. Entsprechende Warnfunktionen auf GPS-Geräten müssen vor dem Grenzübertritt in die Schweiz deaktiviert werden oder es müssen Warnpositionen von festen oder mobilen Geschwindigkeitsmessanlagen manuell aus den Geräten gelöscht werden.
Verboten ist sodann die Nutzung von Smartphone "Blitzer-Apps", welche meist von ausländischen Anbietern in den App-Stores angeboten werden. Zwar ist bereits dieses Angebot strafbar. Jedoch ist die Strafverfolgung von im Ausland domizilierten Anbietern äusserst schwierig, weshalb die Angebote in den App-Stores auch für Schweizer Nutzer weiterhin verfügbar sind.
Nutzer solcher Apps oder anderer technischer Geräte müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Polizei anlässlich einer Kontrolle technische Störgeräte, GPS-Geräte oder Smartphones mit installierten "Blitzer-Apps" oder GPS-Warnungen beschlagnahmen kann. Im Rahmen eines anschliessenden Strafverfahrens kann die Einziehung und Vernichtung der Geräte angeordnet werden (Art. 98a Abs. 2 SVG).
Verbot öffentlicher Warnungen: Unter Strafe gestellt ist sodann jede Form öffentlicher Warnungen vor behördlichen Kontrollen. Hierunter fallen z.B. Warnungen in Facebook-Gruppen, auf Webportalen, via SMS-Dienste, in WhatsApp-Gruppen oder in Social Media Apps etc. (Art. 98a Abs. 3 SVG). Es stellt sich hierbei die Frage, ab wann eine solche Warnung als "öffentlich" zu betrachten ist bzw. bis wann von einer privaten – und damit nicht strafbaren – Warnung ausgegangen werden kann. Eine Gruppe ist dann als öffentlich zu betrachten, wenn die Teilnehmer nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängen. Dies beurteilen die Strafbehörden anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls. Da entsprechende Strafverfahren als Übertretungsstrafen im Regelfall durch die zuständigen Statthalterämter im nicht-öffentlichen Strafbefehlsverfahren erledigt werden, ist wenig Rechtsprechung bekannt und lassen sich kaum generelle Aussagen machen. Als Richtwert muss angenommen werden, dass bereits ab ca. 30 Teilnehmern von einer öffentlichen Gruppe ausgegangen werden muss. Sind die Nutzer jedoch durch keinerlei private Beziehungen miteinander verbunden, könnten auch kleinere Gruppen bereits als "öffentlich" betrachtet werden und umgekehrt.
Als öffentlich können überdies auch Hinweise über Lichthupe oder Handzeichen gedeutet werden, wobei der Nachweis einer Warnung (und nicht ein einfacher Gruss) kaum möglich sein dürfte. Als öffentlich zu taxieren ist sodann zweifellos das Aufstellen eines Warnschilds am Strassenrand, welches sich an eine unbegrenzte Vielzahl an vorbeifahrenden Fahrzeuglenkern richtet.
Unproblematisch und weiterhin nicht strafbar ist hingegen das Warnen von einzelnen Freunden oder Familienmitgliedern via SMS oder WhatsApp. Hier besteht zweifellos eine direkte private Verbindung zwischen den Personen und keine Öffentlichkeit.
Strafen: Der Gesetzgeber sieht für Verstösse gegen Art. 98a SVG eine Busse von maximal CHF 10'000 vor. In schweren Fällen ist eine einkommensabhängige Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen möglich. Hinzu kommen die Kosten des Strafbefehlsverfahrens, sowie, im Falle einer gerichtlichen Einsprache gegen einen Strafbefehl, die Gerichts- und allfällige Rechtsvertretungskosten. In einzelnen, medial bekannt gewordenen Fällen wurden Bussen zwischen CHF 200-500 sowie vereinzelt auch Geldstrafen verhängt. Da Strafbefehle jedoch nicht öffentlich publiziert werden, weicht die kantonale Praxis vermutlich stark ab und sind je nach Kanton und Umständen auch deutlich höhere oder tiefere Strafen denkbar.
Fazit: Das öffentliche Warnen vor Geschwindigkeits- oder allgemeinen Polizeikontrollen ist seit dem 1. Januar 2013 strikte verboten. Auch die Nutzung technischer Geräten, worunter auch Smartphone-Apps fallen, welche vor Kontrollen warnen, ist verboten. Die Behörden sind ermächtigt, technische Geräte bei Verdacht zu beschlagnahmen und im Strafverfahren zu vernichten. Verstösse, wie im Fall von Mitarbeiter X, können mit Busse und in schweren Fällen sogar mit Geldstrafen (inkl. Strafregistereintrag) bestraft werden. In Kombination mit Verfahrens- und Rechtsvertretungskosten können bei Verstössen rasch Beträge im mittleren bis hohen vierstelligen Bereich anfallen. Ein rechtliches Vorgehen gegen die behördlichen Massnahmen dürfte in den meisten Fällen schwierig sein, da gerade beschlagnahmte Geräte oft unwiderlegbare Beweise für die angezeigten Verstösse liefern.
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