18. Juli 2023

Privatparkplatz für den Dienstwagen – muss sich der Arbeitgeber beteiligen?

Die Aussendienstmitarbeitenden der Firma XY erhalten für ihre Tätigkeit einen Dienstwagen, welcher auch für Privatfahrten genutzt werden darf. Das Parkieren des Fahrzeuges am Wohnort wird vom Unternehmen quasi erwartet, damit die Wege zu Terminen möglichst kurz ausfallen und Zwischenstopps am Firmensitz vermieden werden können. Zudem lässt die geringe Anzahl Parkplätze am Firmenstandort das gleichzeitige Abstellen der gesamten Flotte nicht zu. Der neue Aussendienstmitarbeitende A.B., welcher bis anhin keinen Privat- oder Dienstwagen und entsprechend auch keinen Parkplatz besass, sieht sich gezwungen, einen kostspieligen Garagenplatz für die Unterbringung des neuen Dienstwagens anzumieten. Muss A.B. die gesamten Kosten selbst tragen oder kann er einen Teil auf den Arbeitsgeber abwälzen?

Privatparkplatz für den Dienstwagen – muss sich der Arbeitgeber beteiligen?
Privatparkplatz für den Dienstwagen – muss sich der Arbeitgeber beteiligen?

Text: Philipp Brunner

 

Der vorliegende Fall dürfte bei Aussendienstmitarbeitenden durchaus üblich sein, da sie nur sehr wenig am Geschäftssitz tätig sind und stattdessen regelmässig direkt beim Kunden vor Ort im Einsatz stehen. Es ist aus Kostengründen nachvollziehbar, dass die Arbeitgeberin nicht unnötig viele Parkplätze für sämtliche Dienstwagen am Geschäftssitz anmieten möchte. Dennoch trägt die Arbeitgeberin im Grundsatz die Kosten ihrer Dienstwagenflotte und hat den Arbeitnehmenden die durch den geschäftlichen Gebrauch entstehenden Kosten zu ersetzen.

 

1. Gesetzliche Vorgaben

Die Nutzung des Dienstwagens und die Vergütung der Kosten richtet sich nach Art. 327 ff. des schweizerischen Obligationenrechts (OR). Die Arbeitgeberin hat den Arbeitnehmer gemäss Art. 327 OR mit den Geräten und dem Arbeitsmaterial auszurüsten, welches zur Arbeit benötigt wird, im vorliegenden Fall einen Dienstwagen. Sämtliche durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen sind dem Arbeitnehmer zu ersetzen, entweder durch Vergütung der effektiv entstandenen Spesen oder mittels einer Auslagenpauschale. Eine Überwälzung von Auslagen auf den Arbeitnehmer ist nicht zulässig (Art. 327a OR). Dieselben Grundsätze gelten in Bezug auf Motorfahrzeuge, welche notwendigerweise und im Einverständnis mit der Arbeitgeberin zur Arbeitsausführung verwendet werden (Art. 327b OR). Nicht vergütet werden muss der Arbeitsweg, d.h. der Weg vom Wohnort an den gewöhnlichen Arbeitsort. Auch die Kosten der Privatnutzung des Dienstwagens muss die Arbeitgeberin nicht übernehmen oder vergüten. Vielmehr kann sie den Arbeitnehmer zu einer Kostenbeteiligung für die Privatnutzung verpflichten.

 

Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich somit die Frage, ob die Kosten des privaten Parkplatzes am Wohnort des Arbeitnehmers "durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstandene Auslagen" sind.

 

2. Nutzung des Dienstwagens ausschliesslich zu geschäftlichen Zwecken

Nutzt der Arbeitnehmer den Dienstwagen überhaupt nicht für private und ausschliesslich für geschäftliche Zwecke, ist eine Parkierung am privaten Wohnort weder erforderlich noch vom Arbeitnehmer erwünscht. Die Parkierung am Wohnort erfolgt damit ausschliesslich auf (implizite) Anweisung und im Interesse der Arbeitgeberin. Sie spart sich damit die Parkierungskosten am Firmensitz und profitiert zudem von einer Zeitersparnis, indem der Arbeitnehmer vom Wohnort aus schneller die Kunden erreicht, anstatt vom Firmensitz aus eine längere Anfahrt zu den Kunden zu haben.

 

In dieser Konstellation wäre es meines Erachtens nicht zulässig, dass die privaten Parkierungskosten am Wohnort des Arbeitnehmers von diesem selber zu tragen sind. Vielmehr handelt es sich dabei um notwenige Auslagen, welche durch die Ausführung der Arbeit entstanden sind. Die monatlichen privaten Parkplatzkosten sind damit vollumfänglich durch die Arbeitgeberin zu tragen und dem Arbeitnehmer monatlich zu bevorschussen. Die privaten Parkierungskosten stellen für die Arbeitgeberin auch keine zusätzlichen Kosten dar, spart sie sich doch im Gegenzug die Parkierungskosten am Geschäftssitz ein. Eine Abrede, welche die privaten Parkierungskosten auf den Arbeitnehmer abzuwälzen versucht, würde gegen Art. 327a Abs. 3 OR verstossen und wäre damit nichtig.

 

Sollte die Arbeitgeberin die Kostenübernahme ablehnen, kann der Arbeitnehmer die private Parkierung des Dienstwagens ablehnen. Er ist rechtlich nicht verpflichtet, einen Dienstwagen, welcher ausschliesslich zu geschäftlichen Zwecken verwendet wird, bei sich zuhause privat zu parkieren.

 

3. Nutzung des Dienstwagens für private Zwecke

Nutzt der Arbeitnehmer den Dienstwagen hingegen auch für private Zwecke, so hat er sich nach Massgabe der vertraglichen Vereinbarung mit der Arbeitgeberin auch an den durch den Privatgebrauch entstehenden Nutzungskosten zu beteiligen. Die Arbeitgeberin kann dabei die Kosten der Privatnutzung vollumfänglich übernehmen. Sie kann den Arbeitnehmenden an diesen Kosten aber auch partizipieren lassen, sei dies durch effektive Abrechnung der privaten Nutzungskosten oder mittels einer Pauschale.

 

Im Grundsatz schuldet die Arbeitgeberin keinen Auslagenersatz für den privaten Parkplatz für den Dienstwagen, sofern am Betriebsstandort ein Parkplatz kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, wenn die Arbeitgeberin die Parkierung am Wohnort "quasi erwartet" oder sogar anordnet und der Arbeitnehmer den Dienstwagen folglich privat parkieren muss. In diesem Fall müsste die Arbeitgeberin meines Erachtens mindestens einen Teil der privaten Parkierungskosten übernehmen, da es sich dabei um notwendige Auslagen im Sinne von Art. 327a Abs. 1 OR handelt und um nicht gegen das Abwälzungsverbot nach Art. 327a Abs. 3 OR zu verstossen.

 

Wie hoch diese Kostenbeteiligung im Einzelfall ausfällt, kann nicht pauschal beurteilt werden und hängt von den konkreten Umständen ab. Sind die Kosten für eine Parkplatzmiete am Firmensitz jedoch hoch und am Wohnsitz vergleichsweise tief, dürfte die Arbeitgeberin gut beraten sein, die Kosten zum grossen Teil oder sogar ganz zu übernehmen. Ausserdem dürfte auch das Verhältnis zwischen geschäftlicher und privater Nutzung des Dienstwagens sowie die konkreten Vorgaben und Einschränkungen zur Privatnutzung seitens der Arbeitgeberin eine Rolle bei der Kostenverteilung spielen. Wenn die Privatnutzung nur sehr eingeschränkt möglich ist und der Arbeitnehmer zusätzlich noch einen Kostenanteil für den Privatgebrauch übernehmen muss, dürfte sich eine Kostenabwälzung der privaten Parkierungskosten auf den Arbeitnehmer kaum rechtfertigen lassen. Ist die Privatnutzung hingegen grosszügig ausgestaltet und muss sich der Arbeitnehmer nicht an den Kosten beteiligen, kann die Kostenübernahme an der privaten Parkierung geringer ausfallen oder im Einzelfall sogar ganz wegbedungen werden.

 

4. Vertragliche Regelung sinnvoll

Der vorliegende Fall zeigt auf, dass eine klare vertragliche Regelung der Nutzungsrechte am Dienstwagen sowie der dadurch entstehenden Kosten sinnvoll ist. Der Arbeitgeberin ist zu empfehlen, den Privatgebrauch des Dienstwagens entweder im Arbeitsvertrag bzw. in einem Zusatz dazu oder in einem Dienstwagenreglement klar zu regeln. Hierbei sollte auch die Kostentragung klar zwischen geschäftlich notwendig (zulasten der Arbeitgeberin) und privat bzw. Privatanteil (zulasten des Arbeitnehmers) geregelt und die einzelnen Kostenpositionen sowie Kostenbeteiligungen sollten klar ausgeschieden werden. Dabei ist darauf zu achten, dass dem Arbeitnehmer die durch die Arbeit notwendig entstehenden Auslagen vollumfänglich ersetzt werden. Dies kann bei einer Pauschalentschädigung kritisch sein, falls diese zu tief angesetzt wird.

 

Die Rubrik Rechtsfragen führt aboutFLEET in Kooperation mit dem Schweizer Mobilitätsverband sffv sowie BÜHLMANN KOENIG & PARTNER, eine auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei mitten in Zürich. Klienten sind vornehmlich Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungs-, Industrie- und Konsumgütersektor. Die Kanzlei ist vorwiegend im Vertrags-, Finanz- und Gesellschaftsrecht tätig, sowohl beratend als auch prozessual.

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