Mercedes T-Klasse: Gelebte Emanzipation
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Die T-Klasse ist Mercedes‘ Versuch, den Citan mehr zum Personenwagen zu machen. Das gelingt überraschend gut, mit überraschend wenigen – dafür den richtigen – Hilfsmitteln.
Text: Roland Scharf
Zur Einordnung, wo die T-Klasse sich im automobilen Gefüge aufhalten wird: Grundsätzlich handelt es sich um einen sogenannten Small Van vom Schlage Renault Kangoo oder VW Caddy. Die Basis stammt von der Nutzfahrzeugschiene, also dem Citan, der gemeinsam mit besagtem Kangoo und dem Nissan Townstar vom Band läuft. Die Frage sei also durchaus erlaubt: Was macht die T-Klasse zur T-Klasse? Grundsätzlich hat der T alle Talente der zivilen Citans. Er bietet zwei Fond-Schiebetüren, maximal 2.390 Liter Ladevolumen, eine umklappbare Sitzbank und genügend Innenbreite, um in der zweiten Reihe drei Kindersitze montieren zu können. Zudem hat er dessen Armaturenbrett und Sitze übernommen, die sich schon deutlich von jenen Teilen der Renaults und Nissans abheben.
Während beim Citan als knallhart kalkuliertes Nutzfahrzeug indes keine grosse technische Abhebung von den Plattformkollegen Kangoo und Townstar möglich war, konnte man hier dafür nun ein wenig weiter ausholen. Das zeigt sich neben einer aufgewerteten Ausstattung (mehr Außenfarben, bis zu 17 Zoll grosse Räder) vor allem in einer komplett neuen Fahrwerksabstimmung, die durch weichere Dämpfer und härtere Stabis mehr den Charakter hat, den alle Pw’s mit Stern auf der Kühlerhaube auszeichnet. Und das ist auch der T-Klasse stärkster Punkt: Man segelt entspannter durch den Verkehr, das typische Lieferwagen-Hoppeln aufgrund der Nutzlast-optimierten Abstimmung ist gänzlich verschwunden. Kein Wunder, dass die Stuttgarter von einem Premium Small Van sprechen, was sie dank eines aufgewerteten Innenraums noch mehr untermauern wollen. Optional sind Ledersitze erhältlich, genauso wie ein neuartiger Designerstoff namens „Neotex“, der sich wie eine Mischung aus Neopren und Alcantara anfühlt und auch schon bei den IQ-Modellen zur Anwendung kommt.
Dass die Schiebetüren besonders geschmeidig gleiten, entstand aus einer kleinen Misere: Eigentlich wollte man diese elektrisch auf- und zumachen. Nachdem für die benötigten Motoren aber nicht genügend Platz vorhanden war, sollte die Bedienung zumindest so leicht wie möglich gehen – immerhin. Wichtig auch: das Thema Sicherheit. Jede Version hat 5 Sterne beim EuroNCAP-Test erhalten und verfügt über zahlreiche Assistenzsysteme ab Werk. Dazu gesellt sich eine Extralippe am unteren Ende des vorderen Stossfängers, um bei einem Kontakt mit einem Passanten möglichst wenig Schaden anzurichten, und der Beifahrersitz bekam eine Sensor-basierte Airbagabschaltung, die automatisch reagiert, sobald ein Kindersitz montiert wird.
Antriebe? Nein, von einer E-Version ist noch keine Rede, was auch daran liegt, dass die Nutzvarianten derzeit sehr gut nachgefragt sind und man die notwendigen Komponenten lieber dafür verwendet. Das ist auch der Grund, warum man die T-Klasse zwar ab sofort schon bestellen kann, vor 2023 aber vermutlich kein Auto ausgeliefert bekommt. Hier haben die praktischen Kollegen auch am Fliessband den Vorzug. Jedenfalls startet der T vorerst mit zwei Benzinern und zwei Diesel, die 95 bis 131 PS leisten. Welcher die schlaueste Wahl ist? Wir waren von den Benzinern mehr angetan, da sie angenehm dezent arbeiten, kräftig agieren und von der Geräuschkulisse auch besser zum sanften Charakter des T passen. Der Diesel ist sparsamer, wirkt im Vergleich aber etwas lustlos und zugeschnürt. In der Schweiz ist die T-Klasse vorerst als «180 d» (mit einem 116 PS starken Diesel und Frontantrieb) in der Ausstattungslinie «Style» ab 36'300 Franken erhältlich. Weitere Versionen und Motorisierungen folgen.