12. Juli 2021

Rechtsberatung: Was ist bezüglich Kosten im Home-Office zu beachten?

Der Mitarbeiter des Unternehmens XY, welcher bisher im Büro am Firmensitz arbeitete, äussert den Wunsch, zukünftig vermehrt im Home-Office arbeiten zu dürfen. Das Unternehmen XY möchte diesem Wunsch nachkommen, stellt sich jedoch die Frage, ob und in welchem Umfang es sich an den zusätzlichen Kosten des Home-Office beteiligen muss.

Rechtsberatung: Was ist bezüglich Kosten im Home-Office zu beachten?
Rechtsberatung: Was ist bezüglich Kosten im Home-Office zu beachten?

Text: Philipp Brunner, Rechtsanwalt | LL.M. Partner 

Der Lockdown aufgrund des Corona-Virus zwang Arbeitgeber dazu, sich mit dem Thema Home-Office vertieft auseinanderzusetzen und die dazu erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Es ist davon auszugehen, dass das Bedürfnis der Arbeitnehmer zur (Teilzeit-) Arbeit im Home-Office auch nach dem Ende des Lockdowns bestehen bleibt. Die nachfolgende Übersicht soll Antworten zu einigen spezifischen Kostenfragen im Zusammenhang mit Home-Office Arbeit liefern.

 

1. Einleitende Bemerkungen

Der Gesetzgeber regelt Home-Office Arbeit nicht speziell. Grundsätzlich hat die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer einen geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und letzterer seine Arbeit im Betrieb zu leisten. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Home-Office besteht eben so wenig wie die Möglichkeit zu einer verpflichtenden Anordnung seitens der Arbeitgeberin. Möchte der Arbeitnehmer Home-Office arbeiten, bedarf dies einer Anpassung seines Arbeitsvertrags.

Diese kurze Übersicht legt den Fokus auf Kostenfragen im Zusammenhang mit einer vom Arbeitnehmer gewünschten, freiwilligen Home-Office Arbeit. Bewusst unberücksichtigt bleibt eine seitens Arbeitgeberin oder durch die zuständigen Behörden angeordnete Home-Office Pflicht, da die Kostenfolgen in solchen Fällen grundlegend andres ausfallen können.

Im Wesentlichen lassen sich die Kostenfragen im freiwilligen Home-Office in zwei Themenbereiche unterteilen: Einerseits stellt sich die Frage nach Kostenersatz für Arbeitsgeräte und Arbeitsmaterialien. Andererseits hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Ersatz aller durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen (Spesen).  

 

2. Kostenersatz für Arbeitsgeräte und Material

Zur Ausführung seiner Arbeitstätigkeit benötigt der Arbeitnehmer Arbeitsgeräte und Material wie z.B. Schreibtisch, Bürostuhl, PC, Bildschirm, Drucker, Papier, Briefcouverts, Telefon etc. Die Arbeitgeberin hat den Arbeitnehmer im Grundsatz mit den Geräten und dem Arbeitsmaterial auszurüsten, welches zur Arbeit benötigt wird bzw. diesen für das zur Verfügung stellen seiner privaten Geräte und Materialien zu entschädigen (Art. 327 OR). Von dieser gesetzlichen Vorgabe können die Parteien durch anderslautende Vereinbarung jedoch abweichen.

Demzufolge ist eine Vereinbarung zulässig, wonach der Arbeitnehmer auf eigene Kosten Arbeitsgeräte und Material für sein Home-Office anschaffen oder der Arbeitgeberin seine bereits vorhandenen privaten Geräte und Materialien für die Home-Office-Tätigkeit kostenlos zur Verfügung stellen muss. Der Arbeitnehmer hat für seine privaten Arbeitsgeräte zwar Anspruch auf Entschädigung der Anschaffungs-, Nutzungs- und Reparaturkosten und auf Vergütung eines Ersatzgeräts. Jedoch können die Parteien auch diesbezüglich eine abweichende Vereinbarung treffen und können diese Kosten folglich auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden (Art. 327 Abs. 2 OR). Um Unklarheiten zu vermeiden und die Ansprüche klar zu regeln, ist es im Einzelfall sinnvoll, eine klare vertragliche oder reglementarische Regelung vorzusehen, insbesondere bezüglich Kostenersatz für private Geräte und Materialien.

Denkbar ist auch, dass der Arbeitnehmer die Geräte und das Material aus dem Büro in sein Home-Office mitnehmen und dort nutzen kann oder dass dem Arbeitnehmer ein bestimmter Betrag zur Anschaffung der erforderlichen Geräte und Materialien gewährt wird. Zu beidem ist die Arbeitgeberin jedoch nicht verpflichtet. Stellt die Arbeitgeberin am Betriebsstandort bereits einen vollwertigen Arbeitsplatz zur Verfügung, muss sie dem Arbeitnehmer im freiwilligen Home-Office keinen zusätzlichen Arbeitsplatz einrichten.

 

3. Auslagenersatz

Auslagen oder Spesen stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Arbeitsverrichtung: Es handelt sich dabei um sämtliche Aufwendungen, welche für die Ausführung der Arbeit notwendigerweise gemacht werden müssen und welche der Arbeitnehmer im Interesse der Arbeitgeberin tätigt. Zu denken ist z.B. an Kosten für Strom, Heizung, Internet- und Telefonabonnement, Lizenzkosten für Software, Mietkosten für Räumlichkeiten etc.

Sämtliche durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen sind dem Arbeitnehmer zu ersetzen, entweder durch Vergütung der effektiv entstandenen Spesen oder mittels einer Auslagenpauschale. Eine Überwälzung von Auslagen auf den Arbeitnehmer ist nicht zulässig (Art. 327a OR). Dieselben Grundsätze gelten in Bezug auf Motorfahrzeuge, welche notwendigerweise und im Einverständnis mit der Arbeitgeberin zur Arbeitsausführung verwendet werden (Art. 327b OR).

Fraglich ist in diesem Zusammenhang jedoch, welche Auslagen im Zusammenhang mit freiwilligem Home-Office als notwendig gelten. Auch der Auslagenersatz im freiwilligen Home-Office ist gesetzlich nicht speziell geregelt und eine einheitliche Rechtsprechung hierzu ist bis jetzt nicht vorhanden. In der juristischen Literatur wird mehrheitlich die Meinung vertreten, dass Auslagen dann nicht als berufsnotwendig gelten und damit auch nicht zu entschädigen sind, wenn dem Arbeitnehmer am Betriebsstandort ein vollwertig ausgerüsteter Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Arbeit im freiwilligen Home-Office erfolgt gerade nicht im Interesse der Arbeitgeberin, sondern im Interesse des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer im freiwilligen Home-Office hat folglich keinen Anspruch auf (anteilmässigen) Auslagenersatz von Strom- und Heizkosten, Internet- und Telefonabonnementskosten, Lizenzkosten, Mietkosten etc., welche im privaten Home-Office anfallen. Bei Home-Office liegt sodann kein "auswärtiger Arbeitsort" vor (Art. 327a Abs. 1 zweiter Halbsatz), weshalb der Arbeitnehmer auch keinen Ersatzanspruch für Verpflegungs- oder Unterkunftskosten hat. Sodann schuldet die Arbeitgeberin meines Erachtens auch keinen Auslagenersatz für den privaten Parkplatz für das Firmenfahrzeug, sofern am Betriebsstandort ein solcher kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Demgegenüber ist Ersatz geschuldet für alle Aufwendungen, welche notwendigerweise und unabhängig vom Arbeitsort anfallen, z.B. Fahrkosten zum Kunden oder zum Einsatzort (nicht aber für den Arbeitsweg), Unterhalts- und Betriebskosten sowie Gebühren und Abgaben für das Firmenfahrzeug, Kosten für Kuriersendungen, Kundegeschenke im üblichen Rahmen usw.

 

4. Empfehlungen für die Praxis

Mangels klarer gesetzlicher Vorgaben ist zu empfehlen, Kostenfragen bei einem Wechsel ins freiwillige Home-Office explizit zu regeln, sei dies direkt im Arbeitsvertrag oder in einem ergänzenden Reglement. Die Kosten für Arbeitsgeräte und Material im Home-Office können vertraglich ganz oder teilweise auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. Zu beachten ist jedoch, dass die Führsorgepflicht der Arbeitgeberin und der Gesundheitsschutz (z.B. ein ergonomischer Bürostuhl und -tisch) uneingeschränkt auch im Home-Office gelten. Es kann deshalb sinnvoll sein, dem Arbeitnehmer zu erlauben, Geräte und Material vom Betriebs- an seinen Home-Office Standort mitzunehmen, insbesondere wenn dieser überwiegend im Home-Office arbeitet. Denkbar ist auch, dass dem Arbeitnehmer ein einmaliger Fixbetrag zur Anschaffung seiner privaten Büroinfrastruktur gewährt wird.

Die Auslagen im Zusammenhang mit dem freiwilligen Home-Office sind grundsätzlich nicht erstattungspflichtig. Auch hier kann es aber im Interesse der Arbeitgeberin sinnvoll sein, dem Arbeitnehmer beispielsweise den Abschluss von schnelleren Internetabonnements oder einer Festnetz-Telefonleitung zu vergüten. Allfällig bereits vorhandene Spesenreglemente oder individuelle arbeitsvertragliche Regelungen sollten entsprechend angepasst werden. Aus administrativer Sicht ist in den meisten Fällen wohl eine Vergütungspauschale sinnvoll.

Die Unterscheidung zwischen Kosten für Arbeitsgeräte und Material einerseits und notwendigerweise anfallenden Auslagen andererseits ist nicht immer einfach. Eine Betrachtung im Einzelfall, auch im Hinblick auf eine Anpassung bestehender Spesenreglemente und einheitlicher vertraglicher Regelungen ist zu empfehlen.

 

Die Rubrik Rechtsfragen führt aboutFLEET in Kooperation mit dem Schweizer Mobilitätsverband sffv sowie BÜHLMANN KOENIG & PARTNER, eine auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei mitten in Zürich. Klienten sind vornehmlich Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungs-, Industrie- und Konsumgütersektor. Die Kanzlei ist vorwiegend im Vertrags-, Finanz- und Gesellschaftsrecht tätig und erbringt auch Steuerberatung. BÜHLMANN KOENIG & PARTNER legt grossen Wert auf hochstehende Dienstleistungen zu fairen Preisen. Die Kanzlei ist stark international ausgerichtet und Mitglied von Lexlink, einem internationalen Verbund von kleineren wirtschaftsrechtlich fokussierten Anwaltskanzleien.

 

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