Zu Besuch im Renault Nutzfahrzeug-Werk in Maubeuge
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Der traditionsreiche Standort Maubeuge in Nordfrankreich ist seit einem Vierteljahrhundert das Kompetenzzentrum für leichte Nutzfahrzeuge der Renault Group. Von den Produktionsbändern fährt bereits die dritte Kangoo Generation und das batteriebetriebene Pendant, der Kangoo E-TECH 100% Electric. Darüber hinaus setzen auch Daimler sowie Allianzpartner Nissan auf die Fertigungsstätte: Die auf dem Kangoo basierenden Modelle Mercedes Citan und Nissan Townstar rollen ebenfalls hier durch das Werkstor. aboutFLEET durfte bei einer Führung hinter die Kulissen blicken.
Text: Rafael Künzle
Wir befinden uns in Maubeuge, einem knapp 30’000 Einwohner zählenden Städtchen im Norden Frankreichs, nahe der belgischen Grenze. Die einstige Befestigungsstadt ist heute eine Bastion von Renault Nutzfahrzeuge. Das Werksgelände erstreckt sich über eine Fläche von 83,4 Hektar (24,6 Hektar bebaut). In der Gründerzeit 1969 bestand Renaults künftiges Kompetenzzentrum für Nutzfahrzeuge lediglich aus einer Stanzerei sowie einer Karosseriefertigung am Stadtrand, die vom Automobilzulieferer Société des Usines Chausson (SUC) betrieben wurden. Ab 1971 folgten Lackiererei, Montage und Endbearbeitung. Im gleichen Jahr rollten Renault 15 und 17 als erste Renault Modelle von der Linie. Nach der vollständigen Übernahme durch Renault erfolgte die Umbenennung in Maubeuge Construction Automobile (MCA). Seitdem baute der Automobilhersteller am Standort mehr als 20 Modelle, darunter Renault 12, Renault 18, Fuego und Renault 21.
Der Kangoo wird zum Wahrzeichen
Ein Wendepunkt kam 1993 mit der organisatorischen Umstrukturierung und erheblichen Investitionen zur Standortsicherung. Dies führte zu der Entscheidung, ab 1997 den Kangoo exklusiv an dem nordfranzösischen Standort zu fertigen. Das nächste Kapitel begann 2012 mit dem Beschluss der Allianzpartner sowie Daimler, ihre Nutzfahrzeugkompetenzen an dem Standort zu bündeln. Das Ergebnis: Neben dem Kangoo übernahm die Fertigungsstätte auch die Produktion des Mercedes Citan.
Beleg für die fruchtbare Zusammenarbeit der Partner waren auch immer wieder gemeinsam getragene Projekte, um die Produktqualität zu steigern. So wurde beispielsweise im Werk Maubeuge eine von deutschen Produktionslinien inspirierte Lichtkabine installiert, die der Kontrolle der einwandfreien Karosserielackierung dient. Ebenso wurden Qualitätskontrolle und Freigabeverfahren ständig optimiert. Auch der Allianzpartner Nissan ist fest in Maubeuge verankert: Im Jahr 2019 beschlossen die Partner die Produktion des NV250 auf der damaligen Kangoo Basis. Und die neue Kangoo Generation bildet die Grundlage für den Nissan Townstar.
Grossinvestition 2021
Mit mehr als sechs Millionen produzierten Fahrzeugen zählt das Werk Maubeuge heute zu den Ikonen der französischen Automobilbranche. Damit dies so bleibt, wurde kräftig investiert. Jean-Philippe Daveau erklärt während unseres Rundgangs durch die Hallen: «2021 haben wir die gesamte Produktpalette erneuert. Wir haben 450 Millionen Euro investiert.» Um Raum für die neuesten Modelle der drei Marken zu schaffen, wurden die Fertigungshallen umgestaltet sowie die Ergonomie und Qualität der Arbeitsplätze verbessert. Die grösste aller XXL-Pressenstrasse im Allianz-Verbund produziert in Maubeuge grossformatige Karosserieteile. Im Karosseriebau unterstützen mehr als 630 neue Roboter die Karosseriemontage. Die Lackierstrasse ist nun moderner, ergonomischer und besser vernetzt als je zuvor.
Ebenso wurden die Produktionslinien modernisiert, um die Elektroversionen von Kangoo, Townstar und Citan direkt einzubinden. So entstand eine Batteriemontagewerkstatt, um die Batterieintegration direkt an der Montagelinie vorzunehmen. Die stetige Weiterentwicklung unterstreicht den hohen Qualitätsanspruch an dem Standort, der 1700 Mitarbeiter beschäftigt.
Wichtiger Akteur bei der Elektrifizierung
1500 Männer und 200 Frauen produzieren die drei Modelle Renault Kangoo, Mercedes-Benz Citan und Nissan Townstar während fünf Tagen in zwei Schichten. Praktisch jede Minute rollt ein Fahrzeug vom Band. Produziert wird nicht auf Vorrat, sondern erst, wenn der Kunde sein Fahrzeug konfiguriert und bestellt hat. Rund 200 Konfigurationen stehen beispielsweise für den Kangoo zur Wahl. Die Reihenfolge der Fahrzeuge auf dem Band ist abhängig vom Zeitpunkt des Auftragseingangs, nicht von der Marke, respektive dem Modell. Entsprechend individuell und bunt gemischt ist die Kolonne der entstehenden Neuwagen, die auf dem Band an uns vorbeizieht. Auf einen Renault folgt ein Nissan, auf einen Verbrenner ein E-Auto.
Dank des Know-hows und der langjährigen Erfahrung bei der Produktion des vollelektrischen Kangoo Z.E. wird das Werk Maubeuge auch in Zukunft als wichtiger Akteur in Sachen Elektrifizierung leichter Nutzfahrzeuge fungieren. Der Standort wird integraler Bestandteil von ElectriCity sein, dem neuen Produktionsverbund für Elektrofahrzeuge. Mit dem Ziel, bis 2025 mehr als 400.000 Elektrofahrzeuge zu produzieren, will Maubeuge zusammen mit den beiden weiteren Standorten Douai und Ruitz im Norden Frankreichs zum grössten und wettbewerbsfähigsten Produktionszentrum in Europa werden.