CO2-Gesetz: Andreas Burgener und Urs Wernli im Interview
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Das Nein zum neuen CO2-Gesetz ist ein Ja für die Automobilbranche. Was das genau bedeutet und wie es jetzt weitergeht, erklären Andreas Burgener, Direktor Auto-Schweiz und Urs Wernli, Zentralpräsident AGVS im Interview.
Andreas Burgener (l.), Direktor auto-schweiz und Urs Wernli, Zentralpräsident AGVS.
Von Michael Lusk und Isabelle Riederer
Andreas Burgener, Direktor Auto-Schweiz
AUTO&Wirtschaft, Herr Burgener haben Sie dieses Resultat erwartet?
Andreas Burgener: Wir waren recht optimistisch, auch aufgrund der letzten Umfragen vor der Abstimmung. Gewonnen ist aber erst, wenn die letzten Stimmen ausgezählt sind – umso grösser war dann die Freude im Nein-Lager, dass sich die Mehrheit der Stimmbevölkerung unserer Meinung angeschlossen hat: Das CO2-Gesetz war teuer, nutzlos und ungerecht.
Was für Auswirkungen hat das Resultat für die Schweizer Importeure?
Die CO2-Sanktionen der Importeure fliessen auch weiterhin vollständig in den Strassenfonds NAF. Zudem ist es sehr erfreulich für unsere Kundinnen und Kunden, dass der Treibstoffpreis nicht künstlich weiter verteuert wird – zumal die Schweiz sowieso schon über den höchsten Dieselpreis Europas verfügt. Weitere Änderungen, etwa bei den Regelungen in der CO2-Verordnung, werden sich in den nächsten Wochen und Monaten herauskristallisieren.
Welche Massnahmen und Anstrengungen unternimmt Auto-Schweiz jetzt freiwillig oder zusätzlich?
Mit der Übererfüllung unseres «10/20»-Ziels haben wir gezeigt, dass die Branche die stärkere Elektrifizierung der Antriebe ernst nimmt. Wir wollten 2020 einen Marktanteil der Steckerfahrzeuge, also Elektroautos und Plug-in-Hybride, von 10 Prozent erreichen – 14,3 Prozent sind es schlussendlich geworden. Im laufenden Jahr stehen wir per Ende Mai bereits bei 17 Prozent, Tendenz weiter steigend. Fast jeder fünfte neue Personenwagen ist also über das Stromnetz aufladbar.
Wie sieht die in anderen Medien angesprochene Lösung konkret aus? Können Sie konkrete Beispiele nennen, wie es weitergeht?
Es ist völlig unbestritten, dass die Schweiz auch weiterhin grundsätzlich die CO2-Reduktionsziele von der EU übernehmen wird. Ähnlich wie bei unseren Nachbarn wird sich die Diskussion aber nun stärker darum drehen müssen, welche Rahmenbedingungen der Staat schaffen muss, damit die Ziele überhaupt erreicht werden können. Das Fahrzeugangebot mit neuen Antrieben wächst enorm – aber unsere Kunden kaufen solche Modelle nicht, wenn sie z.B. als Mieter zuhause keine Ladestation installieren können. Diese Probleme müssen nun stärker angegangen werden.
Was gibt es aus Ihrer Sicht noch zum Thema zu sagen?
Die Abstimmung hat klar gezeigt, dass die Bestrafungs- und Verteuerungspolitik bei der motorisierten Individualmobilität der Vergangenheit angehören muss. Nun ist es an der Zeit, Innovationen und effizientere Technik stärker zu fördern. Warum gibt es ein «Gebäudeprogramm», aber kein «Fahrzeugprogramm», z.B. mit einer Abwrackprämie? Diese Diskussionen müssen nun in Ruhe und mit aller Sachlichkeit geführt werden.
Urs Wernli, Zentralpräsident AGVS
AUTO&Wirtschaft: Herr Wernli, sind Sie zufrieden mit dem Ausgang der Abstimmung zum CO2-Gesetz?
Urs Wernli: Absolut. Es ist ein sehr erfreuliches und positives Resultat für uns und die Schweizer Automobilbranche.
Welche Auswirkungen wird die Ablehnung des CO2-Gesetzt auf die Schweizer Automobilbranche haben?
Die aktuelle Gesetzgebung besteht und bleibt somit gültig. Wir sind vor allem froh darüber, dass sich die Treibstoffe nicht zusätzlich verteuern werden und dass das Geld nicht aus dem NAF abfliesst. Natürlich werden wir uns weiterhin um die grossen Themen kümmern und diese weiterhin angehen, dazu gehören unter anderem alternative Antriebe, synthetische Treibstoffe und die Ladeinfrastruktur für Elektro- und PHEV-Fahrzeuge.
Wie wollen Sie sich für die grossen Themen einsetzen?
Wir setzen und weiterhin für verschiedene Themen stark ein. Dazu gehört sicher auch die Förderung der Ladeinfrastruktur. Wir wollen vor allem die unnötigen bürokratischen Prozesse vereinfachen, dabei sind aber auch die Kantone und Gemeinden gefordert. Ein wichtiges Thema sind die synthetischen Treibstoffe.
Die internationale Presse reagierte sehr erstaunt über den Ausgang der Abstimmung und die Ablehnung des CO2-Gesetz. Ist das gut oder schlecht für die Schweiz, vor allem auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der EU?
Ich glaube nicht, dass die Ablehnung des CO2-Gesetz einen Einfluss auf die Zusammenarbeit mit der EU haben wir. Was die CO2-Vorgaben der EU betrifft, haben wir uns klar dafür entschieden, diese zu übernehmen.
Spricht man über den Klimawandel ist das Auto schnell der Sündenbock…
Das Auto war schon immer im Fokus der Klimabewegung. Dabei hat die Branche in den letzten Jahren gezeigt, wie schnell sie sich weiterentwickeln kann. Die Fortschritte, die die Autobranche im Bereich neue Antriebstechnologien gemacht hat und auch die Fortschritte, die sie bei der Optimierung konventioneller Antriebe gemacht hat, zeigt klar auf, dass auch die Autobranche aktiv daran beteiligt ist, Lösungen zu finden, die für eine nachhaltige Zukunft sorgen.