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12.01.2021

Kantonspolizei St. Gallen: Mit gutem Beispiel vorangehen – und fahren

Mit modernsten Hilfs- und Einsatzmitteln setzt sich die Kantonspolizei St. Gallen tagtäglich für die Sicherheit der Bevölkerung ein. Stets mit dem Ziel vor Augen, den Qualitätsanspruch durch Leistung und Innovation hoch zu halten. Ein Motto, welches sich auch im Ostschweizer Fuhrparkmanagement widerspiegelt. aboutFLEET hat die KAPO SG auf dem Polizeistützpunkt Thal besucht, um mehr über die Ostschweizer Blaulicht-Flotte zu erfahren.

Kantonspolizei St. Gallen: Mit gutem Beispiel vorangehen – und fahren

aboutFLEET hat die KAPO SG auf dem Polizeistützpunkt Thal besucht, um mehr über die Ostschweizer Blaulicht-Flotte zu erfahren.

Text: Fabio Simeon / Bilder: Fabio Simeon & KAPO SG

 

Ob klassisches Patrouillenfahrzeug, getarnter Fahndungswagen, Einsatzzentrale auf Rädern oder «schweres Geschütz» in Form von Spezialfahrzeugen - die 300 Fahrzeuge zählende Flotte der St. Galler Kantonspolizei ist so vielfältig, wie deren Aufgaben. Kaum jemand kennt den umfangreichen Fuhrpark besser als Jakob Schläpfer, Leiter der Polizeigarage. Der Ostschweizer trat 1979 als Mechaniker der St. Galler Polizeigarage bei, heute managt er sie. «Wir unterhalten Personenwagen, Busse bis 3.5 Tonnen, Motorräder, Anhänger sowie schwere Spezialfahrzeuge.», erklärt der Garagenleiter, während wir auf die in Reih und Glied parkierten Polizeiwagen zugehen.
 

 

Vor uns: Sieben Patrouillenfahrzeuge der Marken Seat, Skoda, VW, BMW und Hyundai. Grösse, Form, und Antriebsart sind auf das Aufgaben- und Einsatzgebiet abgestimmt. Mit konventionell betriebenen Fahrzeugen, reinen Elektrofahrzeugen oder einem hiesig selten anzutreffenden Wasserstofffahrzeug, bietet der Fuhrpark einen erstaunlichen Antriebsmix. Beim Thema Markenevaluation verweist Schläpfer auf die strategischen Entscheidungsträger. «Primär richten sich die Auswahlkriterien an die Bedürfnisse der Nutzergruppen. Für einen klassischen Patrouillenwagen gelten andere Anforderungen und Kriterien als für ein Fahrzeug eines Hundeführers», erläutert Martin Gächter, Hauptabteilungsleiter Technik & Logistik der KAPO SG. Durch die langjährige Erfahrung des Garagenleiters sei ein breites Marken Know-how vorhanden, wodurch man stets versuche, das für den Einsatzzweck geeignetste Fahrzeug zu evaluieren, so Gächter.
 

 

Die Beschaffung der neuen Fahrzeuge wiederum ist Sache der Polizeigarage. Finanziert werden die Fahrzeuge entweder über den ordentlichen Budgetprozess der Staatsverwaltung oder über einen durch die Regierung freigegebenen Kredit. Letzteres ist der Fall, wenn sich der Beschaffungsumfang im Bereich des ausschreibungspflichtigen Betrags bewegt. «Dabei gehen wir ähnlich vor, wie Privatpersonen oder Unternehmen», sagt Schläpfer. Heisst: Es werden verschiedene Offerten eingeholt, wobei der Zuschlag an das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis geht.
 

 

Trifft der Neuwagen in der Polizeigarage ein, geht die Arbeit richtig los: Innerhalb von zwei Wochen baut ein fünfköpfiges Team plus Lehrling die neuen Fahrzeuge zu Einsatzwagen um. Die Liste der Spezifikationen reicht von der Folierung, Anhalte- und Sondersignalen, Aufzeichnungsgeräten, Funk und WLAN, bis hin zu diversen Regal- und Materialeinschüben. Eine durchschnittliche Zusatzausrüstung wiege zwischen 200 und 400 Kilogramm. Darüber seien sich die Fahrzeuglenker bewusst und würden das Handling entsprechend anpassen. Dass sich die Zuladung auf Pneuverschleiss, Treibstoffverbrauch und die mechanische Abnützung niederschlage, sei dabei nicht zu verhindern. «Natürlich bauen wir die Fahrzeuge nicht nur um, sondern unterhalten und reparieren diese bei Bedarf. Dazu kommt die ständige Fahrzeugkoordination.», fährt Schläpfer fort. Um eine reibungsfreie Mobilität zu gewährleisten, werden rund 50 Prozent des Arbeitsvolumen ans externe Gewerbe vergeben.
 

 

Neben der Beschaffung und Instandhaltung fällt auch die Beobachtung des Fahrzeugmarkts in Schläpfers Aufgabenbereich. «Als Leiter der Polizeigarage kann ich bei der Entwicklung und Ausrichtung unserer Mobilität mitwirken und mich als Experte bei Fragen zu Alternativantrieben miteinbringen», sagt er als wir bei den beiden alternativ angetriebenen Hyundai Modellen Nexo und Kona electric ankommen. Ein Fachwissen, das viel wert ist. Denn mit dem neuen Energiekonzept 2021 will der Kanton St. Gallen in den kommenden neun Jahren eine CO2-Reduktion von 50 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 bewirken. Um dieses Ziel zu erreichen, werden auch innerhalb der Departemente und Ämter nachhaltige Lösungen benötigt.
 

 

Das weiss auch Martin Gächter: «Die Thematik um die Reduktion von CO2 nimmt im Kanton St. Gallen je länger je mehr zu. Als innovatives und zukunftsorientiertes Korps wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen. Wir hinterfragen konsequent, wo E-Fahrzeuge eingesetzt werden können – nicht zuletzt, um auch eigene Erfahrungen im Umgang mit alternativen Antrieben zu sammeln.» Und diese scheinen vorwiegend positiv auszufallen. Für die Einsatztätigkeit in urbanem Gebiet seien rein elektrische Fahrzeuge optimal, da sie kurze Distanzen zurücklegten und regelmässige Ladezyklen hätten, so das Feedback. Auch vom Wasserstoff betriebenen Nexo hält man viel: Der Südkoreaner produziert lokal keine Abgase und ist dank rascher Befüllung an der nahegelegenen H2-Tankanlage im Vergleich zu konventionellen E-Autos schnell einsatzbereit. Zudem muss der Polizei-Nexo, welcher vorwiegend im Bereich der Verkehrsinstruktion zum Einsatz kommt, mit seiner WLTP-Reichweit von 666 Kilometern nicht öfter betankt werden als die Verbrennerpendants.
 

 

Mit einer Blaulicht-Organisation eine strikte CO2-Strategie zu fahren, ist unmöglich, da viele Fahrzeuge im 24 Stunden Betrieb unterwegs sind. «Die CO2-Reduktion unseres Fuhrparks ist also ein positiver Nebeneffekt unserer Innovationslust.», sagt der Hauptabteilungsleiter Technik & Logistik abschliessend. Dieses Fazit bestätigt Schläpfer und fügt an: «Obwohl wir viel Wert auf einen tiefen CO2-Ausstoss legen, sind wir in erster Linie für den Bevölkerungsschutz zuständig.» Zudem kommt, dass ein Antriebswandel immer auch Anpassungen der Infrastruktur und damit verbundene Kosten fordert. Um die rein elektrischen Fahrzeuge stets einsatzbereit zu halten, wurden in verschiedenen Polizeistationen in Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt des Kantons fest installierte Ladestationen errichtet.
 

 

Auf Grund der hohen Anschaffungskosten sind lokal emissionsfreie Fahrzeuge auf den ersten Blick budgettechnisch wenig attraktiv,  beide Flottenspezialisten sind sich jedoch einig, dass sich CO2-neutrale Dienstwagen über längere Zeit rechnen. Die flüssigen Mittel für den Fuhrpark belaufen sich pro Jahr zwischen drei und viereinhalb Millionen Franken - ohne Personalaufwand. Damit müssen auch die Versicherungsprämien der Fahrzeuge an die Gebäudeversicherung des Kantons bezahlt werden. Das dazugehörige Risk Management schreibt die Versicherungsleistungen wiederkehrend aus. Um die Schadensumme möglichst klein zu halten und auch in turbulenten Situationen die Oberhand im Strassenverkehr zu behalten, werden den angehenden Polizisten und Polizistinnen in der Grundausbildung Fahrtrainings angeboten. Später finden je nach Einsatzgruppe gezielte Trainings statt, welche den Umgang verschiedenster Fahrzeuge beinhalten.
 

 

Das interessante Gespräch über den Blaulicht-Fuhrpark, die Tücken und positiven Erfahrungen alternativer Antriebe und das Bestreben fortschrittliche und umweltbewusste Antriebe einzusetzen – ohne dabei die Polizeiarbeit in irgendeiner Form zu beeinträchtigen, geht langsam dem Ende zu. Eine letzte Frage haben wir noch, um mit einem Mythos aus Kindheitstagen aufzuräumen: Sind mache Polizeiwagen tatsächlich mit leistungssteigerndem Chiptuning versehen? «Nein, natürlich nicht», antwortet Schläpfer lachend, «dann hätten wir wohl das falsche Fahrzeug bestellt.» (fs)

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