SFS Group: Erfolgreich umgesattelt
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Mit dem Projekt «mobility@SFS» leitete die SFS Group vor rund drei Jahren eine neue Ära der Unternehmensmobilität ein. Seither steigen über 1000 Mitarbeitende für den Arbeitsweg regelmässig auf E-Bikes um. aboutFLEET sprach mit Peter Mayer, Head of Technical Services und Mitinitiator von «mobility@SFS».
Text: Rafael Künzle
Die SFS Group ist ein führendes Unternehmen für mechanische Befestigungssysteme und Präzisionsformteile. Sie beliefert Absatzmärkte wie die Automobil-, Bau-, Elektronik- und Luftfahrtindustrie sowie die Medizinaltechnik. Weltweit werden über 10’000 Mitarbeitende beschäftigt, davon rund 2’500 Mitarbeitende in der Schweiz. Der Hauptsitz liegt in Heerbrugg im Rheintal zwischen den Gemeinden Widnau und Au und in unmittelbarer Nähe zum Vorarlberg (Österreich).
Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung und Schonung der Umwelt: In den vergangenen Jahren wuchs das Unternehmen kontinuierlich, weshalb 2017 das Projektteam «mobility@SFS» ins Leben gerufen wurde. «Wir realisierten ein Mobilitätskonzept mit dem Ziel der Optimierung des Pendlerverhaltens und damit die Förderung der Motivation, Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden. Zudem werden dadurch die Umwelt geschont sowie Firmenfahrzeuge und Parkplätze effizient genutzt. Weiters sollen die Mitarbeitenden unterstützt werden, den Arbeitsweg umweltschonend zurückzulegen. Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung und damit auch die Schonung der Umwelt ist bei SFS stark verankert», sagt Peter Mayer, Mitgied des Projektteams «mobility@SFS» und Head of Technical Services bei der SFS Group über die damaligen Beweggründe.
Onlinebefragung an fünf Schweizer Standorten: In einer ersten Phase wurde eine Onlinebefragung an fünf Schweizer Standorten durchgeführt, um deren Pendlerverhalten zu analysieren. «Bei einem Mitarbeitenden-Bestand von rund 1‘800 Personen war die Rücklaufquote von 86% bei den Fragebogen erfreulich hoch und die Antworten und Auswertungen entsprechend repräsentativ», sagt Mayer. Die Umfrage ergab Folgendes: Rund 70 % benutzen das private Auto für den Arbeitsweg, 85 % sassen dabei allein im Auto. Der Anteil Velofahrer belief sich auf 20 %, nur jeder Zehnte erreichten den Arbeitsplatz zu Fuss oder mit dem ÖV. Dies, obwohl die Hälfte der Mitarbeitenden näher als 10 Kilometer vom Unternehmen wohnen und sich das Rheintal auf Grund der idealen topografischen Voraussetzungen gut für den Veloverkehr eignet. Das Projektteam erarbeitete anschliessend ein konkretes Mobilitätskonzept, um den Anteil an ÖV, Fussgängern und insbesondere E-Bikern zu erhöhen. Aufgrund der Resultate der Umfrage und der Tatsache, dass über 50% der Mitarbeitenden in einem Umkreis von 10 km wohnen, sah SFS das grösste Potenzial in der Förderung des Langsamverkehrs. Das Angebot und die Akzeptanz des ÖV sei gemäss Mayer in ländlichen Gebieten zudem noch nicht soweit wie in städtischen Verhältnissen. Parallel dazu wurden aufgrund der Inputs der Mitarbeitenden die Fahrrad-Verkehrswege begutachtet und nach Möglichkeit zur Verbesserungen gesucht.
Erfolgreichste E-Bike-Aktion der Schweiz: Die neue Stossrichtung wurde intern nach dem Top-Down Prinzip kommuniziert und vorgelebt. Als eigentliche Initialzündung erhielten sämtliche Mitarbeitenden zwischen Juni und Dezember 2017 die Möglichkeit, ein E-Bike zum halben Listenpreis zu beziehen. Die andere Hälfte der Kosten für die elektrisierenden Zweiräder übernahm SFS sowie die Fahrradspezialisten W&W in Diepoldsau und Radsport Frei in Au. Mit einem internen Anlass wurde der Auftakt der E-Bike Aktion zelebriert, von deren Ausmass man damals nicht zu träumen wagte. Das mobility@SFS-Team rechnete mit einer Nachfrage von rund 300 E-Bikes, nach Ablauf der Frist belief sich die Anzahl E-Bikes auf über 1’000 Stück, womit rund 40% der Belegschaft das Angebot nutzten. «Es ist nach unseren Erkenntnissen die erfolgreichste Aktion dieser Art in der Schweiz und übertraf die Erwartungen von SFS bei Weitem», so Mayer. Das Firmengelände wurde ebenfalls für die vielen neuen E-Bikes optimiert: Zu den baulichen Massnahmen zählten die Bereitstellung zusätzlicher wettergeschützer Veloabstellplätze mit Velopumpstation oder die Einrichtung von Garderoben mit Duschen. Und auch die Lobbyarbeit mit Gemeinden und ÖV-Betreibern für attraktive Velowege und grenzüberschreitende Angebote des öffentlichen Verkehrs trug erste Früchte. Zur Sicherstellung der Langzeitmotivation führte die SFS ein Anreizsystem mit Punkten ein, die täglich gesammelt werden können. Beispielsweise wenn der Arbeitsweg zu Fuss, per Velo/E-Bike, mit dem ÖV oder in
einer Fahrgemeinschaft zurückgelegt wird, was mit einem Gewinn bis zu einem Gegenwert von 500 Franken pro Jahr belohnt wird.
25 Mal die Erde umrundet: Aktuell haben die rund 1300 mobility@SFSTeilnehmenden (gemäss der neusten Auswertung vom Mai 2020) beim sogenannten «Eco-Points-System» über 1‘255‘000 Punkte gesammelt, was einem Gegenwert von 125‘500 Franken entspricht. Dabei wurde eine Distanz zurückgelegt, die 25 Mal der Erdumrundung entspricht. Das Angebot wird gemäss Mayer nach wie vor sehr geschätzt und entsprechend genutzt. Die Anpassung des Prämienangebotes und eine gelegentliche Doppelpunktewoche (z.B. beim Übergang in eine andere Jahreszeit) motiviere zusätzlich, möglichst aktiv anzureisen. «Indem mit Informationen und neuen, attraktiven Angeboten das Bewusstsein zu diesem Thema immer wieder in Erinnerung gerufen wird, können wir weitere Ausrufezeichen setzen», betont Mayer, der jährlich selbst rund 7000 Kilometer per Bike zurücklegt. Das Projektteam «mobility@SFS» existiert bis heute in unterschiedlicher zeitlicher Ausprägung und umfasst aktuell rund 5 Mitglieder – neben Mayer auch CEO Jens Breu, womit die SFS Group AG die Wichtigkeit unterstreicht.
Nachgefragt bei Peter Mayer, Head of Technical Services bei der SFS Group AG
aboutFLEET: Welches allgemeine Fazit ziehen Sie heute?
Peter Mayer: Aufgrund der Benutzung der Angebote und der Rückmeldungen der Mitarbeitenden werden die Anstrengungen zum Thema Mobilität durch SFS sehr geschätzt. Es ist eine wirklich erfolgreiche Aktion. Um weitere Zeichen zu setzen, bedarf es beim Anpacken und Umsetzen von «mobility@SFS»-Projekten auch weiter-hin Kreativität, Engagement und eine Portion Mut.
Was hat sich stark verbessert / wo haben Sie sich mehr erwartet?
Bisher sind wir sehr zufrieden, so, wie das Projekt bislang verlaufen ist. Die Herausforderung liegt nun sicher darin, dass wir auch weiterhin Akzente setzen können mit attraktiven Angeboten, die unsere Mitarbeitenden weiterhin schätzen und motivieren.
Wie gewährleistet SFS die langfristigeWirkung von «mobility@sfs»?
Indem mit Informationen und neuen, attraktiven Angeboten das Bewusstsein zu diesem Thema immer wieder in Erinnerung gerufen wird, können wir weiterhin Ausrufezeichen setzen.
Wird das E-Bike auch in der kalten Jahreszeit mehrheitlich verwendet, oder gibt es einen saisonalen Run auf die Parkplätze?
Es sind tatsächlich saisonale und witterungsbedingte Unterschiede spürbar. Unser Ziel ist es, dies mit knackigen Ideen und Angeboten zu «brechen».
Haben Sie bedenken, dass viele der E-Bikes letztlich nur für gelegentliche Freizeitaktivitäten, anstatt für den Arbeitsweg benutzt werden oder mussten Sich die Käufer zum Einsatz des E-Bikes für den Arbeitsweg verpflichten?
Um ein unbürokratisches und attraktives Angebot bieten zu können, wurde auf die Verpflichtung zum Einsatz des E-Bikes verzichtet. Um die Mitarbeitenden zusätzlich zu motivieren, mit dem Fahrrad zur Arbeit anzureisen, können sie seit Herbst 2018 EcoPoints sammeln. Diese können gegen attraktive Prämien eingetauscht werden - und dieses Angebot wird von vielen SFS Mitarbeitenden auch rege genutzt.
Gibt es Erkenntnisse, wie viele vom motorisierten Verkehr auf ein E-Bike umstiegen? Schliesslich dürfte es kaum das Ziel sein, Mitarbeitende, welche den Arbeitsweg mit dem Velo bewältigten, aufs E-Bike zu locken.
Auswertungen über den Einsatz des E-Bikes für die Fahrt zum Arbeitsort machen wir nicht. Aufschluss darüber gibt ein Blick auf die Fahrradabstellplätzen, welche laufend erweitert werden. Dies zeigt, dass viele unserer Mitarbeitenden den Arbeitsweg mit dem E-Bike zurücklegen.
Ist das Mobilitätskonzept «mobility@sfs» nun komplett umgesetzt oder existieren weiterführende Pläne für die Zukunft? Falls ja, welche?
Mit weiteren Anreizsystemen, wie z.B. die Abgabe von Gadgets und anderen Angeboten soll dieses Thema weiterhin aktuell bleiben. Es ist SFS ein Anliegen, den oben erwähnten Projektzielen auch weiterhin grosse Bedeutung zu
schenken.
Können Sie etwas zu den Softfaktoren sagen, welche schwer messbar, aber ev. erwähnenswert sind?
Wir erhalten von den Mitarbeitenden immer wieder Feedbacks zur Nutzung des E-Bikes oder dem EcoPoints-Eintausch von Prämien. Diese sind fast durchwegs positiv, was uns sehr freut. Daraus schliessen wir, dass die «mobility@SFS»-Botschaft – Umwelt schonen, Pendlerverhalten optimieren, Gesundheit fördern – in den Köpfen der SFS Mitarbeitenden «angekommen» ist. Dies bestätigen auch Aussagen von Mitarbeitenden, die aktuell im Nachhaltigkeitsbericht der SFS Group aufgegriffen wurden.
Welchen Tipp würden Sie anderen Unternehmen, die ein ähnliches Mobilitätskonzept umsetzen möchten, mit auf den Weg geben?
Eine solche Aktion ist für alle Beteiligen ein Gewinn. Es gilt, sich seriös vorzubereiten und mögliche Szenarien im Voraus durchzudenken, um Prozesse und Lösungen dafür initiieren und umsetzen zu können. Mit dem Ziel, den Mitarbeitenden spontane und unbürokratische Angebote zu bieten, kann man auf Probleme und Widrigkeiten stossen,
die nach Lösungen verlangen. Fazit: Prüfe und hinterfrage so wenig wie möglich und soviel wie nötig!