Startschuss für «GlassRep» – im Glashaus über den Dächern Zürichs
Posted by: Mario Borri
Knapp 60 Vertreterinnen und Vertreter von Flottenbetreibern, Leasinganbietern und Versicherungen (FLI) folgten der Einladung zum Kick-off von «GlassRep», dem neuen Reparaturnetzwerk für Autoglas, im Prime Tower. Im Glashaus wurden sie über das Kernziel informiert: Autoscheiben vermehrt reparieren statt ersetzen.
An diesem Dezembermorgen glänzte Zürichs höchstes Glashaus symbolträchtig für das Tagesthema: Glas. Hoch oben im Restaurant «Clouds» begrüsst Daniel Fuchs, Leiter von «GlassRep», die Gäste. Neben FLI-Vertretern waren auch Delegierte der Partnerfirmen Glas Trösch, Derendinger, Sika und Teroson anwesend; sie werden das Netzwerk mit Schulungen und Reparaturausrüstung unterstützen. Ziel des Anlasses war es, die FLI für eine verstärkte Steuerung von Glasschäden an die rund 120 qualifizierten Carrosseriepartner zu gewinnen. Fuchs skizzierte den Ablauf: Vorstellung von «GlassRep», vier Kurzreferate sowie ein Apéro Riche mit Raum für vertiefte Gespräche und Networking.
«Eine Win-Win-Win-Situation»
Anschliessend trat Enzo Santarsiero, abtretender Managing Director von Axalta – André Koch und Mitbegründer von «GlassRep», ans Rednerpult: «Ich bin stolz, hier im höchsten Glashaus der grössten Schweizer Stadt das neue Netzwerk gemeinsam mit Ihnen zu starten.» Die Idee sei gemeinsam mit dem Carrosserie-Beirat entstanden – Andi Stalder, Roger Gehrig, Michael Hallauer, Fabian Eugster und Jürg Brauen. Santarsiero betonte die Dreifachwirkung des Projekts: ««GlassRep» berücksichtigt die Bedürfnisse der FLI, der Carrosseriebetriebe und der Endkundinnen und Endkunden. Eine echte Win-Win-Win-Situation.»
Warum ein Richtungswechsel nötig ist
Der Handlungsdruck ist hoch: Moderne Frontscheiben mit Sensorik werden stetig teurer, die Reparaturquote bleibt tief, die Kundenerwartungen steigen – ebenso die ökologische Verantwortung. Bis 2050 müssen Industriebetriebe Netto-Null erreichen. Der Markt ist gross: Rund 240’000 Glasschäden pro Jahr, über 300 Millionen Franken Schadenvolumen. Aktuell werden erst etwa 20 Prozent der defekten Scheiben repariert.
«Reparieren, wo möglich – ersetzen, wo nötig», fasst Fuchs zusammen. Neue Daten zeigen das Potenzial klar: Eine Empa-Studie beziffert die CO₂-Ersparnis pro Reparatur auf 15,4 kg. Würden 30 Prozent aller Frontscheibenschäden repariert – das Ziel von «GlassRep» – ergäbe das rund 1000 Tonnen CO₂ pro Jahr, so viel wie der Jahresausstoss von über 300 Haushalten.
Wie «GlassRep» funktioniert
Das Netzwerk basiert auf einem schweizweit einheitlichen Rahmen. Ein definierter Durchschnittspreis von 985 Franken pro Schaden schafft Transparenz und Planbarkeit. Ein Bonus-Malus-System fördert hohe Reparaturquoten, ein unabhängiges Schadenmanagement stellt standardisierte Abläufe sicher. Die Partnerbetriebe erfüllen strenge Qualitätsanforderungen – inklusive Schulungen, Audits und definierten Servicevorgaben wie rascher Kontaktaufnahme, Grundreinigung und Hol-/Bringservice.
Ökonomisch ist die Reparatur ebenfalls attraktiv: Sie dauert im Schnitt 0,6 Stunden, ein Ersatz 3,1 Stunden. Der Deckungsbeitrag pro Stunde ist bei Reparaturen zudem höher, und oft entfällt die kostenintensive Kalibrierung. Fuchs bringt es auf den Punkt: «Bei «GlassRep» verstärken sich Ökologie und Wirtschaftlichkeit.»
Umweltwirkung im Fokus
Nach einer kurzen Pause zeigte Linda Kren (Swiss Safety Center), warum «GlassRep» ein zentraler Hebel für Netto-Null ist. CO₂-Emissionen entstehen in drei Bereichen: direkte betriebliche Emissionen (Scope 1), zugekaufte Energie (Scope 2) und Lieferketten (Scope 3). Besonders in Scope 3 wirkt die Reparatur stark, da die Produktion neuer Scheiben energie- und ressourcenintensiv ist. «Wer 20 Scheiben repariert, spart rund 300 Kilogramm CO₂ – basierend auf 15,4 kg pro Reparatur», so Kren. Reparieren sei damit einer der wirksamsten Hebel in der Autoglasbranche.
Kostenentwicklung und Qualität
Marcel Stettler, Leiter Insurance Procurement bei AXA, zeigte den Kostenanstieg auf: von durchschnittlich 677 Franken (2020) auf 876 Franken (2025) – fast 30 Prozent, noch ohne die, immer häufiger nötigen Kalibrierungen. «Reparaturen verhindern diese Kosten vollständig», betonte er. AXA finanziere jährlich rund 8000 ersetzte Scheiben, die eigentlich reparierbar wären; schweizweit seien es sogar 40’000. Würde man diese reparieren, wären 600 Tonnen CO₂– und erhebliche Kosten – einsparbar. Um die Reparaturquote zu erhöhen, setze AXA nun auf KI-gestützte Bilderkennung, die Reparaturmöglichkeiten zuverlässig identifiziert.
Mitarbeitende und Energie
Zum Abschluss berichteten zwei Carrossiers und Mitglieder des Carrosserie-Beirates aus der Praxis. Roger Gehrig (Gehrig Carrosserie AG) zeigte, wie moderne Mitarbeiterführung Qualität und Effizienz stärkt. Von «Chill-Ecke» bis Weiterbildung – motivierte Mitarbeitende seien entscheidend, damit Reparaturen konsequent und hochwertig ausgeführt werden. «Mitarbeitende müssen den Sinn ihrer Arbeit erkennen.»
Michael Hallauer (Carrosserie Hallauer AG) veranschaulichte danach den Fortschritt bei der Energieeffizienz und machte CO₂ greifbar: «1 Kilogramm CO₂ entspricht 204 Luftballons. Wer eine Scheibe repariert statt ersetzt, spart über 3000 Ballone CO₂.»
Ein Appell – und dann Networking
Zum Schluss wandte sich nochmals Enzo Santarsiero an die Gäste. Er dankte Carrossiers, Partnerfirmen und dem Beirat – und appellierte: «Jetzt ist es Zeit zu handeln, 2050 ist nicht mehr weit. Liebe FLI-Vertreter, geben Sie der kleinen Pflanze eine Chance zu wachsen.» Beim anschliessenden Apéro Riche im «Clouds» klang der Anlass mit Gesprächen, Vernetzung und Blicken durchs Glas über Zürich aus – ein symbolträchtiger Auftakt für ein Projekt, das die Branche nachhaltig verändern will.




