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28.08.2023

AXA Mobilitätstacho 2023: Mehrheit könnte sich E-Auto-Kauf vorstellen

Eine Studie der AXA zeigt: Bei der Elektromobilität scheiden sich die Geister. Zwar kann sich mehr als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer vorstellen, ein Elektroauto anzuschaffen, gleichzeitig schliessen dies fast 30 Prozent grundsätzlich aus.

Unabhängig davon, ob elektrisch angetrieben oder nicht: Auf ein Auto wollen die wenigsten Schweizerinnen und Schweizer verzichten. Für 71 Prozent der Schweizer Bevölkerung ist der Besitz eines eigenen Autos wichtig oder eher wichtig. Das zeigt eine Untersuchung des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag der AXA. Dabei ist das Auto weit mehr als ein reiner Gebrauchsgegenstand: Zwei Drittel der Befragten verbinden das Autofahren mit Selbständigkeit, 59 Prozent mit Freiheit.

Den Kauf eines Elektroautos können sich 56 Prozent der automobilen Schweizerinnen und Schweizer vorstellen, darunter viele Personen mit Nähe zu Links-Grün. Für 29 Prozent ist das Elektroauto hingegen keine Option. In dieser Gruppe befinden sich viele Personen, die sich dem rechts-bürgerlichen Lager zugehörig fühlen. 22 Prozent möchten ganz auf ein Auto verzichten.

Obwohl sich über die Hälfte der Befragten den Kauf eines Elektroautos vorstellen kann, geht nur ein Drittel von einem raschen Durchbruch der Elektromobilität aus. «Schweizerinnen und Schweizer schätzen, dass es noch rund 16 Jahre, also bis 2039, dauert, bis Elektroautos auf Schweizer Strassen in der Mehrheit sind – vier Jahre nach dem von der EU beschlossenen Verbot für Verbrenner. Sie gehen also eher von einer Evolution als einer Revolution im Mobilitätsbereich aus», sagt Michael Hermann, Leiter von Sotomo.Dies dürfte auch mit der geringen Problemwahrnehmung zusammenhängen: Trotz allgegenwärtiger Klimadebatte bringen nur 28 Prozent der Befragten das Autofahren mit Umweltbelastung in Verbindung. Spass wird sogar noch etwas häufiger damit assoziiert (30 Prozent).

Die Mehrheit der Bevölkerung sieht tendenziell noch immer mehr Nach- als Vorteile in der Elektromobilität. Am häufigsten genannt wird die Umweltbelastung bei der Herstellung der Batterie (54 Prozent), der hohe Kaufpreis (53 Prozent) und das Batterie-Recycling (52 Prozent). Offenbar macht die Batterie-Thematik die Vorteile der geringeren Emissionen zu einem guten Teil zunichte. Bemerkenswert ist, dass nur rund zehn Prozent der Befragten der Ansicht sind, dass die Nachteile bezüglich Batterie in zehn Jahren nicht mehr bestehen werden.

Auch der geringe Komfort beim Laden (Reichweite, Ladestationen unterwegs oder zu Hause, Ladezeiten) wird von der Bevölkerung als problematisch angesehen. Allerdings sind die Befragten optimistisch, dass diese Komfort-Einbussen wie auch die hohen Anschaffungskosten mittelfristig nicht mehr bestehen werden.

Trotz Nachteilen werden Elektroautos klar als nachhaltiger eingeschätzt als Autos mit Verbrennungsmotoren. Als noch nachhaltiger werden Autos mit Wasserstoffantrieb angesehen. Für 64 Prozent der Befragten sind sie eher oder sehr nachhaltig (verglichen mit 46 Prozent bei Elektroautos). Dass Autos mit Wasserstoffantrieb ohne leistungsstarke Batterien auskommen, wird offenbar positiv bewertet.

Allerdings: Der Gesamtwirkungsgrad der eingesetzten Energie bei Wasserstoffautos ist heute mit rund 30 Prozent deutlich tiefer als jener von Elektroautos mit rund 75 Prozent. Um ein Wasserstoffauto zu bewegen, muss wesentlich mehr elektrische Energie eingesetzt werden als für ein Auto mit Elektromotor.

46 Prozent der Schweizer Bevölkerung erachtet den Umstieg auf Elektroautos beim heutigen Strommix als guten Weg, um Umwelt und Klima zu schützen. Würde der Strom dagegen ausschliesslich aus erneuerbaren Energien stammen, wären fast zwei Drittel dieser Meinung. Die grosse Differenz der Einschätzung ist bemerkenswert, denn bereits heute stammen 80 Prozent des Stroms in der Schweiz aus erneuerbaren Energien (der grösste Teil aus Wasserkraft). Wie beim Thema der Batterieentsorgung und des Wasserstoffantriebs könnte auch hier vermehrte Aufklärung einen Beitrag zur grösseren Akzeptanz von Elektromobilität führen.

Für die vorliegende Studie wurde eine Mobilitätstypologie für die Schweiz erstellt, bestehend aus Autofreien, E-Nutzenden, E-Interessierten und Benzin-Überzeugten. Das Einkommen ist ein zentraler Faktor dafür, welcher Gruppe jemand angehört. Zwischen den Autofreien und den E-Nutzenden besteht dabei die grösste Differenz: Während Autofreie ein mittleres Netto-Haushaltseinkommen von 4200 Franken pro Monat aufweisen, verfügen E-Nutzende im Schnitt über ein monatliches Netto-Haushaltseinkommen von 9400 Franken.

Ähnlicher sind sich diese beiden Mobilitätstypen jedoch in ihrer politischen Orientierung. Die Autofreien haben ein links-grünes Profil, die E-Nutzenden sind eher mitte-links positioniert. Benzin-Überzeugte sind dagegen generell rechtsbürgerlich orientiert. Sie verfügen über ein mittleres Einkommen, geben jedoch wie die E-Nutzenden überdurchschnittlich viel fürs Auto aus. Das politische Profil der E-Interessierten gleicht am ehesten jenem der E-Nutzenden, wobei sich erstere eher mitte-rechts positionieren.

Ein Blick auf die Wohnorte zeigt, dass sich insbesondere der Anteil der Autofreien markant zwischen Stadt und Land unterscheidet. Der Verzicht auf das Auto ist aufgrund der Angebotsdichte des öffentlichen Verkehrs in der Stadt viel eher ohne Komforteinbussen möglich als im ländlichen Raum, wo auch der Platzbedarf des Autos weniger herausfordern ist. Die Elektromobilität hingegen besitzt keine markante räumliche Ausprägung. Obwohl sie mit einer eher ökologischen Orientierung verbunden wird, ist sie kein urbanes Phänomen. Ihr Anteil ist, mit Ausnahme der kleineren Städte, überall ähnlich gross.

Fast 90 Prozent der Autofreien leben zur Miete oder in einer Genossenschaft. Von den E-Nutzenden hingegen wohnen 40 Prozent in einem Eigenheim, was mitunter auch mit dem höheren Einkommensniveau zu tun haben dürfte. Gleichzeitig gestaltet sich für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer die Nutzung eines Elektroautos leichter, weil sie eher eine hauseigene Ladestation für das Auto einbauen lassen und damit einen der Hauptnachteile überwinden können. Entsprechend haben 45 Prozent aller E-Nutzenden zu Hause eine Ladestation installiert, 11 Prozent planen dies zu tun.

Zwar setzen E-Nutzende mit der Elektromobilität auf nachhaltige Antriebe, sie schränken jedoch ihren Konsum nicht ein: «43 Prozent der E-Nutzenden besitzen zusätzlich ein Auto mit einem klassischen Verbrennungsmotor. Mit durchschnittlich 1,9 Autos im Haushalt haben sie nicht nur mehr Autos als alle anderen Mobilitätstypen, sondern haben auch häufiger ein Elektrovelo, ein Motorrad oder einen Roller», so Michael Hermann. Sie verfügen zudem am häufigsten über ein Abo bei einem Car-Sharing-Angebot sowie bei einem Velo- oder E-Scooter-Verleih. Nur die Autofreien besitzen häufiger ein Generalabonnement für den öffentlichen Verkehr. Im Vergleich zu den E-Nutzenden aber auch den E-Interessierten sind die Benzin-Überzeugten stark auf das Auto fokussiert und interessieren sich eher weniger für andere Mobilitätsformen.

Anders als die Autofreien wollen die E-Nutzenden Umweltprobleme nicht durch Verzicht lösen. Für sie stehen klar technische Innovationen im Vordergrund – keine andere Gruppe ist so technologieaffin wie sie. Ähnlich wie die Autofreien erachten sie gesetzliche Regulierungen als einen wichtigen Weg zur Lösung von Umweltproblemen. Nicht nur die Benzin-Überzeugten, sondern auch die E-Interessierten sind dagegen der Ansicht, dass der Umgang mit Umweltproblemen eine Frage der Eigenverantwortung sei.

Zur Beschleunigung der Verkehrswende wird die Bevorzugung von Elektroautos diskutiert. Doch nur 22 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass in städtischen Zentren Parkplätze exklusiv für Elektroautos reserviert werden sollen. Ein zweiter Ansatz setzt bei der Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren an. Obschon über 80 Prozent der Bevölkerung nicht den Benzin-Überzeugten angehört, unterstützen jedoch lediglich 37 Prozent das von der EU beschlossene Verbot von Neuzulassungen von Autos mit Benzin- und Diesel-Motoren ab 2035.

«Privilegien für Elektroautos kommen in der Bevölkerung offenbar schlecht an», so das Fazit von Michael Hermann. Anders als die Massnahmen, die zu einer Besserstellung von Elektroautos führen, findet hingegen das Anliegen, eine Strassenverkehrsabgabe einzuführen, die Fahrzeuge mit allen Antriebsarten betrifft, eine mehrheitliche Zustimmung in der Bevölkerung: 56 Prozent sprechen sich dafür aus. (pd/ml)

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