Home

04.03.2020

Corona-Virus und Klimavorschriften machen Autoherstellern das Leben schwer

Die deutschen Autobauer wollen sich von schärferen Abgasgrenzwerten und dem Ausbruch des Corona-Virus nicht vom Kurs abbringen lassen.

Corona-Virus und Klimavorschriften machen Autoherstellern das Leben schwer

Bild: Auto-Medienportal.Net

Trotz der Absage der GIMS präsentierten zahlreiche Automobilhersteller ihre Neuheiten via Live-Stream in die ganze Welt und machten klar, wie sie sich das laufende Jahr vorstellen – auch die deutschen Automobilhersteller BMW, Volkswagen und Mercedes-Benz. Ab diesem Jahr drohen Milliardenstrafen der EU, wenn der Ausstoss des klimaschädlichen Kohlendioxid bei den verkauften Autos in Europa nicht deutlich sinkt. Die drohenden Auswirkungen der Corona-Epidemie verschlechtern für die Manager nun aber mindestens die Sicht.

 

GlobalData hat bekannt gegeben, dass die weltweiten Verkaufszahlen von Personenfahrzeugen im Januar 2020 alarmierende seien. Lediglich 6,2 Millionen PWs wurden im Januar verkauft – die niedrigste Monatszahl seit Januar 2012, wo damals 5,9 Millionen Einheiten verkauft wurden. Die Ursache für den Verkaufsrückgang liegt am Ausbruch des Corona-Virus (COVID-19) im Dezember 2019 in Wuhan, China.

 

Besonders stark unter dem Corona-Virus leidet der chinesische Automarkt. Nach vorläufigen Daten des Branchenverbands PCA (China Passenger Car Association) vom Mittwoch, den 3. März 2020, sank der Absatz gegenüber dem Vorjahresmonat um 80 Prozent und damit so stark wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen. Für die ersten beiden Monaten des Jahres summiert sich das Minus auf 41 Prozent.

 

Das wegen des Ausbruchs der Lungenkrankheit Covid-19 verlängerte Neujahrsfest sowie länger geschlossene Autohändler führten zusammen mit der Zurückhaltung von Käufern zu einer Verschärfung der Flaute am grössten Automarkt der Welt, der auch für die deutschen Konzerne Volkswagen, Daimler und BMW der mit Abstand bedeutendste Einzelmarkt ist. Das dicke Minus beschäftigt auch Daimler-Che Olä Kallenius und BMW-Vorstandvorsitzender Oliver Zipse. Dennoch will man sich nicht vom Kurs abbringen lassen. Zipse sprach zwar von einer deutlichen Absatzdelle im Februar. Ausserhalb von China sieht der BMW-CEO aber bisher keine Auswirkungen. Bei der Absatzprognose, die ein leichtes Plus verspricht, bleiben die Münchener denn auch. Auch bei Daimler sind die weltweiten Aktivitäten laut Källenius derzeit noch nicht nennenswert beeinträchtigt.

 

Die Hersteller haben lange gewartet, um in Sachen Elektromobilität Vollgas zu geben. Denn sie soll immerhin die grosse Losung sein bei der Reduktion von Flottenabgasen bei PWs. Nun ist es fünf vor zwölf. BMW will seine CO2-Emissionen dieses Jahr von rund 128 Gramm pro gefahrenem Kilometer um 20 Prozent auf etwas über 100 Gramm senken.

 

Auch Daimler-Chef Källenius setzt sich nun 20 Prozent weniger Abgase zum Ziel – allerdings ist der Weg von 137 Gramm aus deutlich weiter. Dazu soll der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge dieses Jahr vervierfacht und kommendes Jahr noch einmal verdoppelt werden, Verbrenner wie die neue E-Klasse werden mit der sparsameren sogenannten Mild-Hybrid-Technologie ausgerüstet. Dieses Jahr werden zudem Kompaktmodelle stärker mit Plug-in-Hybridantrieben angeboten, in Deutschland meist in Verbindung mit einem Dieselmotor, wie Entwicklungschef Markus Schäfer sagte.

 

Die PW-Sparte bei Mercedes-Benz sei in Schlagdistanz zu den Zielen, sagte Källenius in Stuttgart. Für jeden Hersteller gelten je nach Modellangebot eigene Ziele, die unter anderem wegen der Schwere der Autos variieren und auch erst im Nachhinein feststehen. Mercedes habe die richtigen Produkte in der Pipeline, um das zu schaffen. Doch es wird kein Spaziergang und eine Garantie gibt es auch nicht. So rechnet Daimler für die PW-Flotte mit einem zu erreichenden Grenzwert etwas oberhalb von 100 Gramm.

 

BMW-Chef Oliver Zipse ist dagegen davon überzeugt, dass die Münchener Strafen vermeiden. «Ich kann ihnen und unseren Kunden versichern: Wir werden die harten europäischen CO2-Ziele 2020 und 2021 erfüllen», sagte er in München bei der digitalen Präsentation des vollelektrischen Coupés i4. Das Auto soll ab 2021 neben den positiven Effekten für die CO2-Bilanz auch den US-Elektroautopionier Tesla mit seinen erfolgreichen Modellen in Schach halten. BMW hatte angekündigt, dass dieses Jahr in Europa rund 140’000 elektrifizierte Autos verkauft werden sollen, davon 40’000 vollelektrisch. Kommendes Jahr soll dann jedes vierte von rund einer Million Autos auf dem Heimatkontinent einen Elektromotor haben.

 

Zipse bekräftigte, dass BMW mit jedem Elektroauto auch Geld verdienen und profitabel sein wolle. Die Einführung der Elektromodelle sei bei der Profitabilität «beherrschbar». Zudem komme BMW bei seinem auf vier Jahre bis Ende 2022 und insgesamt 12 Milliarden Euro schweren Sparpaket schneller voran als gedacht.

 

Volkswagen will den ersten vollelektrischen SUV ID4 noch dieses Jahr starten lassen, nachdem das Golf-ähnliche Massenmarktmodell ID3 ab diesem Sommer bei den Händlern stehen soll. «Produzieren und verkaufen werden wir den ID4 in Europa, China und den USA», sagte der bei der Marke VW fürs Tagesgeschäft zuständige Manager Ralf Brandstätter. Wie auch der in Zwickau gebaute ID3 steht der ID4 auf der Basis der neuen Elektroplattform MEB, die einheitliche Technik für verschiedene Modelle liefern soll. Im US-Werk in Chattanooga (Tennessee) rüstet VW die Produktion auch für Elektroantriebe auf.

 

Gerade VW setzt zu grossen Teilen auf den vollelektrischen Antrieb, um seine Flottenemissionen zu senken. VW-Chef Herbert Diess sieht darin den effizientesten Weg, den CO2-Fussabdruck des Konzerns zu mildern. Die süddeutschen Premiumhersteller hingegen sind bei schwereren Automodellen stark, für die BMW und Daimler weiter grosses Potenzial von Verbrennermotoren und Plug-in-Hybriden sehen. (pd/ir)

SUCHEN