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28.08.2025

Brandbrief der Autohersteller an EU-Kommission: Stoppt das Verbrenner-Aus!

Der Dachverband der europäischen Automobilhersteller ACEA und der Dachverband ihrer Zulieferer CLEPA fordern erstmals in einem offenen Brief an die EU-Politik und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Überarbeitung der strengen CO2-Ziele für die Branche. Diese seien «in der heutigen Welt nicht mehr erreichbar. Eine sofortige Kehrtwende sei die letzte Chance für die EU».

Brandbrief der Autohersteller an EU-Kommission: Stoppt das Verbrenner-Aus!

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Der offene Brief, der zahlreichen Medien vorliegt und am 27. August veröffentlicht wurde, wird von allen führenden Autobauern und Zulieferern Europas mitgetragen – und er ist ungewöhnlich deutlich sowie zeitlich brisant. Die Autobauer gehen im Vorfeld des «strategischen Dialogs» am 12. September mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über die Zukunft der Automobilindustrie auf die Barrikaden und fordern die «Rückkehr zur Realität». Unterschrieben ist er von Mercedes-Benz-CEO Ola Källenius und Matthias Zink, wiederum Schaeffler-Chef, die gleichzeitig ACEA bzw. CLEPA vorstehen.

 

In Deutschland wurden in den letzten 12 Monaten rund 51’500 Jobs (fast 7 %) abgebaut. VW (geplanter Abbau von 33’000 Stellen bis 2030), Mercedes-Benz und Zulieferer wie Bosch oder Ford sind besonders betroffen. Grosse Zulieferer in ganz Europa leiden unter stagnierender Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. Die Umstellung auf die E-Mobilität, die weniger arbeitsintensiv ist, bedroht nicht nur hochwertige Arbeitsplätze, durch die Konkurrenz von in China bis zu 30 Prozent billiger produzierten E-Autos, steht sie zusätzlich unter Druck.  

 

ACEA und CLEPA betonen zwar, dass sie die Klimaziele Europas unterstützen wollen und zu diesem Zweck bereits Hunderte neuer Elektroautos auf den Markt gebracht und mehr als 250 Milliarden Euro investiert haben: «Wir wollen diesen Wandel zum Erfolg führen, sind jedoch frustriert über das Fehlen eines ganzheitlichen und pragmatischen politischen Plans für die Transformation der Automobilindustrie», heisst es. Die EU, heisst es in dem Brief, reguliere die Industrie bei der Bereitstellung neuer Fahrzeuge, «versäumt es jedoch, die Voraussetzungen für den Übergang zu schaffen».

 

So sei die europäische Industrie etwa bei der Batterieversorgung nahezu vollständig auf asiatische Anbieter angewiesen, die Ladeinfrastruktur für Elektroautos reiche in vielen Regionen nicht aus, und hohe Strompreise sowie US-Importzölle setzten Unternehmen zusätzlich unter Druck. «Von uns wird verlangt, uns zu transformieren, während uns die Hände auf dem Rücken gebunden sind.»

 

Konkret seien die gegenwärtigen CO2-Ziele für die Jahre 2030 und 2035 «einfach nicht mehr machbar»». Die Ziele müssten neu justiert werden, um sicherzustellen, dass das Klima geschützt werde, ohne dafür Europas industrielle Wettbewerbsfähigkeit zu opfern. Nur so könnten die Unternehmen profitabel arbeiten und zukünftige Investitionen stemmen.

 

Der für Mitte September angesetzte Strategiedialog zur Überprüfung der EU-CO2-Ziele für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ist aus Sicht der Verbände der Zeitpunkt, um «den Kurs zu korrigieren» und einen «marktorientierten Ansatz» zu wählen. Damit meinen sie vor allem Flexibilität bei den Antriebstechnologien, die das «Kernprinzip der Regulierung» sein sollte.

 

Nach Ansicht der Branchenverbände muss die Kommission dafür sorgen, dass «Europa seine wesentlichen Produktionskapazitäten und sein technologisches Know-how bewahrt». «Ohne eine Politik, die die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärkt, um die Produktion aufrechtzuerhalten, droht der Übergang unsere industrielle Basis zu untergraben und damit Innovation, hochwertige Arbeitsplätze und die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu gefährden. Die Welt hat sich seit der Festlegung des aktuellen Kurses drastisch verändert, und die Strategie der EU für den Automobilsektor muss sich ebenfalls ändern.» Konkret heisst das: Verbrennermotoren müssen auch nach 2035 – wenn auch mit deutlich umweltfreundlicherer Technologie – weiter produziert werden dürfen.

 

ACEA und CLEPA sehen strategischen Dialog über die Zukunft der Automobilindustrie am 12. September als «den Moment, um das Ruder herumzureissen. Dies ist die letzte Chance für die EU, ihre Politik an die aktuellen marktwirtschaftlichen, geopolitischen und wirtschaftlichen Realitäten anzupassen, sonst läuft sie Gefahr, eine ihrer erfolgreichsten und weltweit wettbewerbsfähigsten Industrien zu gefährden.» (pd/ir)

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