20. Juli 2021

Exklusivinterview mit Geschäftsreisen-Experte Daniel Wittwer: «Persönliche Kontakte sind auch in Zukunft unerlässlich»

Mit dem Eintritt von Covid-19 kamen nicht nur private Reisen zum Erliegen, auch die Dienstreisen gingen auf ein Minimum zurück. Verkommt die Dienstreise in Zeiten virtueller Meetings zum Auslaufmodell? aboutFLEET sprach mit Daniel Wittwer, Head of Business Travel beim Schweizer Geschäftsreisen-Spezialist Finass Reisen AG.

Exklusivinterview mit Geschäftsreisen-Experte Daniel Wittwer: «Persönliche Kontakte sind auch in Zukunft unerlässlich»

 Interview: Rafael Künzle

 

aboutFLEET: Vielen Dank, dass Sie Zeit für unser Interview fanden. Welche Themen beschäftigen Sie als Spezialist für berufliche Reisen im Moment am meisten?

Daniel Wittwer: Es ist die fehlende Planbarkeit. Die rasch wechselnden Einreise- und Gesundheitsbestimmungen sowie die vielen kurzfristige Flugplanänderungen und Annullierungen machen es für uns und insbesondere für unsere Business-Kunden ausserordentlich schwierig, überhaupt Reisen zu planen.

 

 

2020 stand die Welt zumindest gefühlt still. Betraf dies Dienstreisen im selben Ausmass wie Privatreisen?

Ja, wir können keinen wesentlichen Unterschied zwischen Geschäfts- und Ferienreisen feststellen.

 

 

Gibt es bereits Zahlen, welche die Auswirkungen von Covid-19 auf die nationalen / internationalen Dienstreisen im letzten Jahr belegen?

Der Rückgang bei den internationalen Dienstreisen gegenüber 2019 betrug zeitweise über 90 %.

 

 

Inwieweit wird sich die Branche erholen, nachdem die Pandemie Geschichte ist?

Die Geschäftsreisen werden sich unserer Meinung nach wieder vollständig erholen, wenn auch verzögert gegenüber den Ferienreisen.

 

 

Einige Schweizer Grosskonzerne kündeten bereits an, auch nach der Pandemie Geschäftsreisen reduzieren zu wollen. Wie sehen Sie das?

Das mag für einige Branchen oder Firmen zutreffen. Wir sind indes überzeugt, dass der durch die Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub zu einer weiteren Globalisierung führt, was die Reisetätigkeit antreiben wird. Persönliche Kontakte, gerade im Verkauf, sind auch in Zukunft unerlässlich.

 

 

Welche Schlüsse ziehen Sie als Spezialist für Geschäftsreisen aus dieser Krise?

Die Unsicherheiten bei der Planung von Geschäftsreisen werden auch nach der Pandemie bleiben. Dies wird zu einem weiterhin höheren Informationsbedarf bei den Firmen und damit zu einer stärkeren Nachfrage nach den Dienstleistungen der Geschäftsreise-Spezialisten führen. Der persönliche Service rund um die Uhr wird wichtiger.

 

 

Wie nehmen Sie die Stimmung bei den Unternehmen in Bezug auf Reistätigkeiten wahr? Gibt es ähnlich wie im Privatsektor auch hierbei einen Nachholbedarf?

Ja, viele unserer Kunden sagen uns, dass sie darauf warten, bis sie wieder ohne grosse Einschränkungen reisen können. Insbesondere im Verkauf besteht ein Nachholbedarf.

 

 

Virtuelle Meetings haben sich aufgrund von Covid-19 etabliert. Welche Berechtigung hat ein persönliches Treffen im Beruf und somit eine Dienstreise heutzutage noch?

Persönliche Kontakte sind letztlich unverzichtbar. Mit Zoom oder Teams kann ich auch künftig in Indien oder anderswo keine neue Maschine verkaufen. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ausländischen Niederlassungen, insbesondere jene in Übersee können nur sehr beschränkt virtuell geführt werden. Persönliche Kontakte sind da absolut unerlässlich.

 

Viele Menschen vermissen den direkten Kontakt im Beruf nach monatelangem Homeoffice. Gibt dies Anlass zur Hoffnung, dass zumindest nationale Geschäftsreisen eines Tages wieder im selben Volumen wie vor Covid-19 stattfinden?

Wir glauben, dass nationale wie internationale Geschäftsreisen bald wieder im selben Volumen wie vor Covid19 stattfinden. Geschäftsreisen nach Übersee könnten in Zukunft länger dauern, da mehrere Termine in einer Reise verbunden werden. Zwischen einzelnen Terminen kann mobil gearbeitet werden.

 

 

Profitieren könnte die Sparte «Exklusive Dienstreisen» (Privatflugzeug, Limousine etc.). Verspüren Sie diesbezüglich eine erhöhte Nachfrage?

Ja, eindeutig. Wir hatten in den letzten Wochen so viele Privatjet-Buchungen wie noch nie.

 

 

Gehen Sie auch generell von einer Individualisierung (Abschottung) bei beruflichen Reisen aus (z.B. Auto statt ÖV)?

Nein, Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden immer wichtiger. Unternehmen werden in den Reise-Richtlinien vermehrt vorschreiben, dass der öffentliche Verkehr auf kürzeren Strecken genutzt werden soll.

 

 

Worin wird sich Ihrer Ansicht nach die klassische Dienstreise in 10 Jahren im Vergleich zu heute unterscheiden?

10 Jahre sind ein langer Horizont. Wir glauben, dass künftig nachhaltiger gereist werden wird. Auf kürzeren Strecken wird vermehrt die Bahn zum Zug kommen, eventuell in Kombination mit einem Mietwagen. Bei Reisen nach Übersee werden öfter verschiedene Termine kombiniert. Statt heute für ein Nachtessen nach New York und nächste Woche für ein Meeting nach Washington zu reisen, wird nur noch einmal in die USA geflogen. Die Zeit zwischen Meetings kann mobil von Hotelzimmer aus genutzt werden. Auch Bleisure, die Kombination aus Business und Pleasure, also von Geschäfts- und Privatreisen, werden wir in Zukunft vermehrt sehen.

 

www.finass.ch

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